Rohrmeisterei – Durch Denkmal zum Erfolg

Bei der Planung von Gebäuden folgen wir Architekten immer einem roten Faden. Unsere Bauwerke sollen eine Geschichte erzählen. Doch manchmal ist die Geschichte hinter der Architektur genauso interessant und es wert erzählt zu werden.

Bürger- und Kulturzentrum „Rohrmeisterei“
Bürger- und Kulturzentrum „Rohrmeisterei“

Die Rohrmeisterei ist eine alte Industriehalle im Schwerter Ruhrtal. Ursprünglich gebaut als Pumpstation der Dortmunder Wasserwerke, hatte sie diese Funktion jedoch nur einige Jahre inne, danach wurde sie als Betriebs­gebäude der Stadtwerke genutzt. Ab den 80er Jahren stand sie leer und diente als Unterstand für Schausteller­fahrzeuge. Später sollte das alte Gebäude auf dem Gelände der ehemaligen Absatz­becken abgerissen und mit Wohn­häusern bebaut werden. Dieser Plan ging glücklicher­weise nicht auf.

Die Halle wurde unter Denkmalschutz gestellt und der Schwerter Kunstverein sowie die Theaterjugend 5,4 – aus denen später die Bürgerstiftung Rohrmeisterei hervorging – bekamen den Auftrag, das Gebäude für kulturelle Zwecke zu entwickeln. Hierzu wurden Ideen gesucht. Als (damalige) Schwerter Bürger fanden wir uns zusammen mit den Kollegen von Winkler & Partner als ehren­amtliche Ideen­geber. Es war noch ein weiter Weg, bis aus einem mutigen Gedanken der Initiatoren Tobias Bäcker und Michael Schade ein richtiges Projekt wurde. Doch der Gedanke wurde zu einem festen Plan und der Plan bekam schnell Kontur.

Schwerte braucht einen repräsentativen Ort für Veranstaltungen, inklusive eines Foyers, Infrastruktur und einer Gastronomie!

Tobias Bäcker

Doch allen Beteiligten war bewusst, dass  die jährlichen Spenden­beiträge nicht ausreichen würden, um dem Haus ein neues Dach und eine Heizung zu geben, daher wurden auf Basis des konkreten Konzepts Förder­anträge gestellt. 

Dass dieses Konzept durch den eingestellten Glaskasten, dem stimmungs­vollen Licht oder dem klaren Design der Material­auswahl mit Sicht­beton, Holz und Stahl, dem erhaltenen Gemäuer, der Kranbahn sowie einer angenehmen Akustik gut gelungen ist, zeigt der anhaltende Erfolg des Hauses! 

Die Zusammenarbeit mit der Denkmalpflege war intensiv und gleichzeitig sehr nützlich – für alle Beteiligten ein äußerst konstruktiver Lernprozess. Wir haben das Gebäude mit großem Respekt behandelt, soviel erhalten und verstärkt wie möglich und dennoch mutige Eingriffe im Innenbereich vorgenommen – so z.B. die vollständige Erneuerung der Einbauten oder die Schaffung eines durchgängigen Fußbodenniveaus. Durch den Entschluss der Bürgerstiftung, die Gastronomie selber zu betreiben, konnten auch wir Neuland betreten und ein eigenständiges Konzept entwickeln. Der Anspruch lag darin, dass es einen Bistrobereich sowie ein gehobenes À-la-carte-Restaurant  geben sollte.

Frank Lohse
Geschäftsführender Partner
Fassade Denkmalschutz
Fassade Denkmalschutz

 Die große Nachfrage brachte allerdings auch die Küche schnell an ihre Grenzen, da das parallel laufende Bankettgeschäft in den Veranstaltungs­hallen mit all den Tagungen, Hochzeiten oder Bällen kaum noch zu bewältigen war.  Die Entscheidung eine leistungs­fähigere Küche zu errichten wurde dement­sprechend schnell getroffen.

Eine Erweiterung im Innern des denkmal­geschützten Gebäudes war jedoch nicht möglich, die Parkplatz­seite tabu und es sollte denkbar wenig Fassade verdeckt werden – so definierte sich der Ort fast von allein. Neben der Optimierung der Arbeits­abläufe, der Küchen­ausstattung sowie der Fläche, war die wesentliche Architekten­aufgabe, solide Wände und Decken für eine offene Haustechnik zu konstruieren.

Die gestalterische Herausforderung lag darin, möglichst kosten­optimiert in einem Zweckbau die Wertigkeit des Kochens und der Speisen zum Ausdruck zu bringen. Gleichzeitig sollte der Entwurf zurückhaltend und dennoch selbstbewusst gegenüber dem Baudenkmal auftreten. Die Fassaden­tafeln im warmen Goldton gaben der Küche schlussendlich auch  ihren Namen. Die „Goldküche“ konnte eröffnet werden. Das Personal genießt seitdem die verbesserten Arbeits­bedingungen und -abläufe, dem Gast eröffnen sich Einblicke hinter die Kulissen und es finden regelmäßig Küchenparties statt.

Neubau der Küche
Neubau der Küche

Die alte Küche erhielt eine Umgestaltung zum Genuss­kabinett, um z.B. kleineren Gesell­schaften einen „Private Dining Room“ bieten zu können, oder um besondere Veran­staltungen wie Tastings zu organisieren.

Ein weiteres Projekt ist die Aufstockung der Besucher­zahlen in der dritten Veranstaltungs­halle – Halle 3. Die neue Tribüne spannt frei über die Hallen­breite und bietet verschiedene Möglich­keiten der Bespielung. Es gibt Podeste für Sitz­reihen oder Tisch­arrangements und in Verbindung mit dem Gruppen­raum in Halle 2 entsteht ein exklusiver VIP-Bereich. Insgesamt fasst die Halle jetzt 900 Sitzplätze. Durch die Besonderheit der Fläche spricht der Raum u.a. ein größeres Spektrum an Künstlern an und ist ein interessanter Ort für Ausstellungen.

Der Veranstaltungssaal
Die neue Tribüne
gewaltiges Fundament

Beim Bau stellten die gewaltigen Fundamente, die unter den Außenmauern der Rohrmeisterei geführt wurden und bis zu drei Metern in die Tiefe gründen, die größte Herausforderung dar. Genauso, wie die Baustellenchoreographie, die mit tage- und teilweise stundengenauen Plänen dem laufenden Betrieb der Halle angeglichen werden mussten.

Frank Lohse
Geschäftsführender Partner

Das jüngste Kind der vertrauensvollen Zusammenarbeit mit dem durchaus anspruchsvollen Bauherrn ist der neue Windfang als Schall­schutz­maßnahme vor den Eingängen der Hallen 2 und 3. Als filigrane Stahl-Glas-Konstruktion steht er eisenbahn­waggongroß, sauber, abgelöst und wie selbstverständlich vor der Fassade – ohne dem Denkmal weh zu tun und gleichzeitig als ein modernes Zeichen! 

Die Rohrmeisterei wächst weiter und wir arbeiten gemeinsam mit unserem Bauherrn an neuen Bausteinen… Fortsetzung folgt.