1997 waren Frank Lohse und ich im Büro Peter Scheele BDA als Architekten angestellt. Ein gutes Büro, in dem wir acht Jahre zusammen gearbeitet und viel gelernt haben – auch und besonders selbstständig verantwortlich zu arbeiten. Durch den unerwarteten Tod von Peter Scheele und die Auflösung des Büros standen wir Ende 1997 schließlich vor der Entscheidung, uns entweder wieder anstellen zu lassen oder es zu wagen und uns selbstständig zu machen.
Und da kam die Werkstatt „Über den Teichen“ ins Spiel: noch bei Peter Scheele hatte ich ein erstes Konzept für eine Behindertenwerkstatt entworfen. Das Projekt stand also an, wenn auch auf anderem Grundstück. Und weil wir nichts zu verlieren hatten, haben wir einen Termin beim Geschäftsführer der Werkstatt „Über den Teichen“, Frank Samsel gemacht. Und einfach gefragt, ob er uns zutraut, die Behindertenwerkstatt zu planen und uns „mit ihr“ selbstständig zu machen.
Zu unserer großen Freude hatte Herr Samsel Vertrauen in uns und unsere Fähigkeiten und hat uns ohne große Umstände mit der Planung der Hans-Winkler-Werkstatt auftragt. Und gab uns somit die Möglichkeit, in den Jahren der Planung und Umsetzung der Werkstatt Akquise für weitere Projekte zu betreiben.
Wir haben uns also ein Büro gemietet und zu zweit angefangen. Viel gearbeitet, wenig verdient aber jede Menge Spaß gehabt. Herr Samsels Vertrauen war letztendlich der Grundstock dafür, dass wir Lindner Lohse Architekten BDA aufbauen konnten.
Und mit dem Projekt der Hans-Winkler-Werkstatt begann eine nun schon über 20-jährige Zusammenarbeit, die von großem Vertrauen geprägt ist, jedes Mal großen Spaß macht und zu unserer Freude noch immer anhält!
… eine Sache sollte immer allen Beteiligten Spaß machen!
Der erste Bauabschnitt der Hans-Winkler-Werkstatt für 80 Behinderte – unser erstes Projekt im Büro Lindner Lohse Architekten – ordnet deren vier Funktionen – Werkstatt mit Fahrradladen, Speisesaal, Lager, Schwerstmehrfachbehindertengruppe – eingeschossig in vier ablesbaren Volumen. Die kreuzförmige, übersichtliche Erschließung erleichtert den geistig behinderten Nutzern die Orientierung im Gebäude.
Die robuste Ausführung – außen mit großzügig verglasten Pfosten/Riegel Konstruktionen und textilem Sonnenschutz, einer Lärchenholzverschalung an der Lagerhalle und einem KalZip-Dach, innen mit unterspannten Zwillings-Holzbindern, Kalksandsteinsichtmauerwerk und einem Industrieboden mit Corodureinstreuung – lässt die Werkstatt auch heute noch gut dastehen.
Aufgrund des zunehmenden Platzbedarfs der Werkstatt „Über den Teichen“ wurde die Hans-Winkler-Werkstatt in zwei Bauabschnitten erweitert: zuerst um einen weiteren Schwerstmehrfachbehindertenbereich mit 32 Plätzen, im dritten Bauabschnitt um eine Produktion mit zugehörigem Lager für 48 Menschen mit Behinderung.
Die Hans-Winkler-Werkstatt ist über 20 Jahre in Betrieb, aber bei jedem Besuch hat man das Gefühl des Aufbruchs. Nutzer und Gebäude bilden eine Symbiose – das Gebäude bietet den passenden Rahmen für die herrschende gute Laune und Spaß an der Arbeit.
Nachdem wir noch im Büro Scheele ein erstes Behindertenwohnhaus für die WÜT realisieren durften, war auch hier weiterer Bedarf, so dass wir ab 2008 ein Behindertenwohnheim planen und 2011 übergeben durften.
Im Neubau des Wohnhauses für Geistigbehinderte in Dortmund, Innsbruckstrasse leben 24 Menschen in drei Wohngruppen mit je acht Bewohnern. Das Gebäude wird zentral über eine Eingangshalle erschlossen, im Erdgeschoss ist auf der Ostseite die Tagesstruktur und die Heimleitung, im Westen eine Wohngruppe angeordnet. Im Obergeschoss sind zwei weitere Wohngruppen organisiert.
Das Wohnhaus ist als Dreibund ausgeführt, alle Nebenräume sind im Mittelbund angeordnet. Sechs der Bewohnerzimmer und die zugehörigen Bäder sind rollstuhlgerecht ausgeführt. Zu jeder der drei Wohngruppen gehört ein Wohnraum mit integrierter Küche und direktem Ausgang zum Freisitz. Für gemeinschaftliche Aktionen ist im Erdgeschoss ein großer Hobbyraum vorhanden.
Obwohl die ausgeführten Raumgrößen streng nach Vorschriften und Förderrichtlinien bemessen sind, prägt eine angenehme Großzügigkeit das Haus. Diese wurde durch die Organisation des Grundrisses als Dreibund und die damit einher gehende sparsame Erschließung erreicht: nicht erforderliche, aber bewilligte Flächen konnten z.B. in der Eingangshalle gebaut werden.
Auch beim Bau des Wohnhauses Eving könnten wir nachhaltige Materialien verwenden, so dass auch dieses Gebäude einer langen Nutzungsdauer entgegensieht: das Haus ist mit einem roten Ziegelsockel ausgeführt, über dem der monolithische Mauerwerksbau weiß verputzt ist. Das deutlich überkragende Dach macht die innere Struktur des Hauses außen sichtbar und ist mit einer Eindeckung aus Kalzip versehen.
… so machen wir das!
Und die gemeinsame Reise geht weiter! Noch vor dem viel zu frühen Tod von Frank Samsel wurde die Idee für „Die Stadt im Kleinen“ geboren. Ein Wohnhaus in Dortmund-Eving mit etwa vierzig vermieteten Wohnungen soll allen Menschen – ob Alt oder Jung, Single oder Familie, behindert oder nicht behindert – eine Heimat geben. Der Gedanken des Miteinanders, der Begegnung und des respektvollen Miteinanders steht im Mittelpunkt und sind Projektidee. Ökologie und Nachhaltigkeit sind Basis der Planung.
Die Zusammenarbeit mit der WÜT macht wie immer riesen Spaß. Wir freuen uns auf dieses tolle, gemeinsame Projekt!
Und immer gilt der Wahlspruch: „WÜT – Wir können das!“